Erstes Weiterbildungs-Modul nach dem Lockdown: "Singen mit Menschen mit Demenz"
Von 5. - 7. Juni 2020 führten wir nach zwei abgesagten Modulen endlich wieder ein Weiterbildungs-Modul durch. Es fand in einer kleinen Gruppe in Bad Herrenalb mit Vera Kimmig als Dozentin statt. Nachdem die Gruppe unter Corona-Bedingungen miteinander warm geworden war, verlief das Wochenende sehr harmonisch und bereichernd. Wir freuen uns, dass dies in verantwortetem Rahmen wieder möglich ist. Sonja Heim

Vera Kimmig schreibt:
Vorausbetrachtungen zum Wiedersingen
Wir befinden uns in einem gesamtgesellschaftlichen Lernprozess mit offenem Ausgang. Mit der Fortführung einiger Seminarangebote der Singenden Krankenhäuser e.V. beabsichtigen wir aufzuzeigen, wie wir uns den aktuellen Herausforderungen stellen und neue kreative Wege gehen können. Denn: jenseits der notwendigen Schutznahmen und Aerosol-Messungen wollen wir weiterhin vertreten, dass tönender Atem seit Urzeiten Symbol des Austauschs, der Verbundenheit und unserer Lebenskraft sind. Über unseren beschleunigten Lebensstil sind wir alle ein wenig „kurzatmig“ geworden. Nun stockt uns der Atem - durch weltweite Maßnahmen zur Rücknahme unserer Geschäftigkeit, durch berechtigte Ängste und Überlebenskämpfe. Glücklicherweise entstanden in dieser Situation bei dem ein oder anderem auch Freiräume, in denen ein Durchatmen möglich war. Erfreulicherweise werden in diesen Zeiten Stimmen und Reflexionen hörbar, die unsere Hoffnungen und Visionen übersteigen. Wer Zeit zum Nachsinnen hat, möge beispielswiese dem Essay des US-amerikanischen Philosophen und Mathematikers Charles Eisenstein folgen. Er spricht über die große, weltverändernde Aufgabe in der wir stehen und deren Entwicklungsrichtung davon abhängt, wie wir in der Tiefe - jenseits von Verschwörungstheorien oder Phantasien der prinzipiellen Kontrollierbarkeit des Lebens - verstehen und angemessen zu beantworten lernen, was gerade geschieht.
Wir werden weiteratmen und weitersingen (müssen), um vielleicht auch gerade hierin und hierüber wieder in einen natürlichen Rhythmus zurück zu finden.
Bericht über das erste Seminar in Corona-Zeiten: Modul II "Singen mit Menschen mit Demenz"
Wir trafen uns in der Akademie Bad Herrenalb in extra-kleinem-Kreise - auch bedingt durch nachvollziehbare Absagen von WeiterbildungsteilnehmerInnen. "Oh Gott! Wie wird das Wochenende wohl ablaufen und wie die sonst so 'heimelige' Seminaratmosphäre gefördert werden?" Das waren ersten Gedanken als der Blick auf die TeilnehmerInnen fiel, die dort in ungewohnt großem Abstand voneinander und fast zur Unerkenntlichkeit mit Mundschutz vermummt im Eingangsbereich saßen. Nichts destotrotz stellte ich mich mit mir selbst mutmachender Freundlichkeit den TN vor und lud diese zum Abendessen in den großen Speisesaal ein. Neu war dort, dass jeder am Buffet seinen Teller nach Wahl, von Angestellten mit Mundschutz, gerichtet bekam. Zögerlich und langsam kamen Gespräche in Gang, die Gruppe nahm über den ungewohnt weiten Abstand Kontakt "von Tisch zu Tisch" zueinander auf und schon bald perlte hier und da ein befreiendes Lachen "wie Sonnenstrahlen" auf!
Im Seminarraum waren die Stühle im Kreis und mit genügend Abstand aufgebaut, Fenster gekippt und für eine gute Durchlüftung gesorgt - und damit für einen problemlosen Beginn und Ablauf des Seminars. "Glaube nicht alles, was du denkst!" An diesen Spruch von Alexandra Reinwarth, der mir in den letzten Wochen zugeschickt wurde und treffend gut in diese Zeit passt, erinnerte ich mich bezüglich meiner anfänglichen Bedenken! Victor Frankl schreibt: "Eine der letzten menschlichen Freiheiten ist, seine Einstellung unter welchen Umständen auch immer frei zu wählen und einen eigenen Weg wählen zu können." So erlebten wir dieses erste Seminar trotz der Herausforderung in dieser Pandemie-Zeit als nährenden Hoffnungspool, aus dem wir tankten und hoffentlich vieles davon kraftvoll singend und summend in die Welt tragen werden! Ich wünsche viel Liebe, Geduld und Gelassenheit für diese Zeit und freue mich schon sehr auf unser Wiedersingen, wann und wo auch immer! Kommt alle gut durch diese ungewöhnliche ver-rückte Zeit!
Alles Liebe!
Vera
FAZIT:
Durch "Distanzregeln" noch einmal eindrücklich verdeutlicht, erlebten wir die verbindende Kraft von Singen und Musik. Keiner der Teilnehmer hatte die vorab verschickte Selbst-Bastel-Anleitung für Spritzschutze registriert, so dass das Modell "Königin der Nacht" der Seminarleiterin dieses erste Mal konkurrenzlos blieb.
Ergänzung:
Das Modul „Singen mit neurologischen Patienten“ wurde aufgrund Erkältungssymptomatik und fehlender Corona-Ausschluss-Möglichkeit kurzfristig abgesagt. Dies mit großem Bedauern, da wir durch die Übernahme des Seminars durch Elke Wünnenberg trotz des Einreise-Verbots für unseren Parkinsonexperten Robert Sawilla zunächst einer Absage entgehen konnten.
Aufgrund der Vorbereitung „besonderer Seminarleckerli“, bspw. durch Präsenz von Parkinsonpatienten zur Praxiserprobung und Online-Interview-Möglichkeiten mit Singleiterinnen über ihre Singleiterpraxis mit der Zielgruppe (u.a. Marjolijn Sleeswijk) wird es ein Trost-Zoomen mit den Weiterbildungskandidatinnen geben.